Trinktemperaturen

So vielschichtig Sake vom Geschmack her sein kann, so unterschiedlich können sich auch die Trinktemperaturen darstellen. Zwar kann in einem ersten Schritt zwischen warmen Sake (Kan-Sake) und kalten Sake (Reishu) unterschieden werden, allerdings bilden diese beiden nur den Temperatur-Makrokosmos ab. Der Mikrokosmos ist viel dezidierter.

Am Anfang wollen wir auch gleich mit zwei „typischen“ (westlichen) Vorurteilen aufräumen. Vorurteil EINS besagt, dass Sake grundsätzlich immer warm getrunken wird und Vorurteil ZWEI, dass nur minderwertiger Sake erwärmt wird. Beide Aussagen sind natürlich Quatsch.

Die potentiellen Trinktemperaturen von Sake reichen von sehr chillig (ca. 5°C) bis hin zu ordentlich warm (ca. 55°C) und hängen von unterschiedlichen Faktoren ab, die wir euch nachfolgend aufzeigen wollen. Auch die Aussage, dass nur minderwertiger Sake erwärmt wird, stimmt natürlich nicht. Es gibt einige spannende Premium-Sake, die (leicht) erwärmt ganz hervorragende Aromen zum Vorschein treten lassen.

Aber von was hängt die Trinktemperatur denn jetzt genau ab?

Diese Frage lässt sich (leider) nicht allumfassend beantworten. Generell kann aber festgehalten werden, dass unterschiedliche Faktoren einen Einfluss auf die Trinktemperatur von Sake haben können. Hierzu gehört der Charakter eines Sake, genauso wie der Sake-Typ und die Sake-Art. Darüber hinaus können auch persönliche Präferenzen, die Stimmungslage, die Location, die Jahreszeit, die Umgebungstemperatur, die Art der Speisenbegleitung und vieles mehr die Wahl der Temperatur beeinflussen.

Die Trinktemperatur von Sake ist abhängig von vielen Faktoren. Hierzu zählen Sake-Charakter, Sake-Typ und Sake-Art genauso wie persönliche Präferenzen und die Art der Speisen, die mit dem Sake genossen werden.

 

Im Gegensatz zu vielen anderen alkoholischen Getränken gibt es bei Sake keine grundlegenden Regeln für die Trinktemperatur. Es gibt jedoch ein paar – nennen wir sie mal – „Temperatur-Richtlinien“. Diese sind allerdings nicht in Stein gemeißelt und lassen viel Raum für Experimente.

Sake vom Typ Junmai Daiginjō oder Junmai Ginjō sowie Sake, der einen vordergründig fruchtigen (und oder floralen) Charakter aufweist ist vorzugsweise kühl, gegebenenfalls bis maximal Zimmertemperatur, zu genießen. Geschmacklich frischer Sake sowie Sake vom Typ Ginjō und Daiginjō mögen am liebsten niedrigere Trinktemperaturen. Sake vom Typ Honjōzō und Junmai sowie Sake mit einem eher kräftigeren (Umami-) Geschmack sollten bei Raumtemperatur bzw. erwärmt genossen werden. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass Namazake und Kijoshu eher kühlere Temperaturen bevorzugen während sich Taruzake und Koshu bei Zimmertemperatur ziemlich wohlfühlen. Nigorizake und Awasake (Sparkling Sake) sollten immer gut gekühlt genossen werden.

Wie schon angemerkt sind die obigen Richtlinien bzw. Vorschläge mit einer gewissen Unschärfe verbunden, deshalb ermutigen wir jeden unserem Lieblingsmotto „erforschen, genießen, wiederholen“ zu folgen und gerne auch eure Erfahrungen mit uns zu teilen. Beim erforschen solltet ihr allerdings daran denken, dass ihr einen einmal erhitzen Sake nicht mehr kühl genießen könnt. Dementsprechend solltet ihr a) nur Sake erwärmen, die dieses auch zulässt und b) Sake immer nur vorsichtig und in kleinen Mengen erwärmen. Der beste Ausgangspunkt um Sake temperaturtechnisch zu erforschen bildet immer die Zimmertemperatur, welche für Sake mit einer Temperaturspanne von 15 bis 20 °C angenommen wird.

Oftmals unterbreiten die Sake-Brauereien und Sake-Händler auch „Vorschläge“ für die richtige Trinktemperatur eines Nihonshus. Diesen zu folgen hat sich vielfach als eine gute Idee erwiesen 😉

Übersicht Sake-Temperaturen // Quelle: https://sakewelt-sakenoto.de/die-beste-temperatur-fur-je-sake/

Warum mancher Sake kalt, bei Zimmertemperatur oder erwärmt getrunken werden, lässt sich sinnvoll mit der Aromenentwicklung bei unterschiedlichen Temperaturen erklären.

Stellt euch vor, ihr müsstet für verschiedene Geschmacksnuancen und Aromen eure bevorzugte Temperatur definieren. Klar, auch hier wird es gewisse Standardabweichungen geben, allerdings wird sich der Temperaturmedian für das Aroma „fleischig“ anders darstellen als für das Aroma „fruchtig“. Woran liegt das? Es hängt sehr stark mit Erfahrungen und auch Assoziationen unseres Gehirns zusammen. Bei fruchtig denken die meisten wahrscheinlich sofort an frische Früchte, Fruchtsäfte, Fruchteis, Marmelade und Fruchtjoghurt. Neben dem Bindeglied Früchte assoziieren wir mit ihnen auch eine Verzehrtemperatur die – in der Regel – von sehr kalt (Eis) bis Zimmertemperatur (frische Früchte) reicht. Natürlich gibt es hiervon auch Ausnahmen (bspw. Bratapfel oder heiße Kirschen) aber diese sind, wie gesagt, Ausnahmen. Ähnlich stellt es sich mit dem Aroma „fleischig“ (ein anderer Begriff für Umami) dar. Für uns ist es eher schwer vorstellbar ein kaltes Gulasch oder ein Stück gefrorenen Parmesan zu essen. Mit anderen Worten unser Gehirn assoziiert mit bestimmten Speisen und Getränken nicht nur dedizierte Aromen, sondern hat auch gewisse Erwartungen an diese bzgl. der Temperatur. Natürlich liegt diese Assoziation mit unseren Erfahrungen zusammen ist aber auch stark dem Umstand geschuldet, dass sich bestimmte Aromen bei dedizierten Temperaturen einfach besser entfalten (und so besser wahrgenommen werden) als andere. Genau das wissen wir. Der Geschmack Umami entwickelt sich erst richtig ab einer Raumtemperatur und bekommt durch Erwärmen noch einmal einen Aromaschub. Anders stellt sich das für fruchtigen (und auch einen floralen) Geschmack dar. Zu viel Temperatur erzeugen bei uns eher ein unangenehmes oder unpassendes Empfinden.Eine eher wissenschaftlich orientierte Betrachtung von Temperatur und organischen Säuren findet ihr im Übrigen in der Sektion „Wissenswertes, Parameter

Übertragen auf den Genuss von Sake helfen uns diese Erkenntnisse jedoch nur bedingt weiter, da Sake eben nicht nur ein Aroma repräsentiert, sondern eine sehr breite Aromenvielfalt abbilden kann. Grundsätzlich können für euch die vordergründigen Sake-Aromen eine gewisse Orientierungshilfe sein. Diese sind in den Temperatur-Richtlinien schon antizipiert. Generell werden Aromen (auch in Abhängigkeit der Temperaturen) sehr individuell empfunden. Deshalb wird für Sake auch nicht eine spezifische Trinktemperatur empfohlen, vielmehr wird eine Temperaturspanne angegeben und selbst diese kann je nach Vorlieben variieren. Dementsprechend gibt es sogar ein paar Nihonshus, die sowohl als Kan-Sake (warmer Sake) als auch als Reishu (kalter Sake) ziemlich gut funktionieren. Aber wie gesagt, viel hängt auch mit den persönlichen Geschmackspräferenzen zusammen.

Exkurs warmer Sake: Um einen Kan-Sake richtig genießen zu können, solltet ihr ein paar Grundlegende Fakten beim Erwärmen beachten.

Wichtig ist vor allem, dass ihr mit einem heißen Wasserbad arbeitet und AUF KEINEN FALL den Sake in der MIKROWELLE, BACKOFEN oder ähnlichem erhitzt. Wir glauben, dass eine Wasserbadtemperatur von 80°C ideal ist um einen Sake langsam zu erwärmen. Um die Temperatur zu messen, bevorzugen wir ein Infrarot-Thermometer, welches ihr für etwa 20 Euro angeschafft könnt. Eine Investition, die sich auf jeden Fall lohnt. Als Wasserbadbehältnis könnt ihr einen Topf oder ein anders temperaturbeständiges Behältnis (auch ein Sous-Vide Becken ist möglich) wählen. Es sollte nur groß und hoch genug sein, um eine Sake-Karaffe (am besten aus Metall, Keramik oder Porzellan) darin zu erwärmen. Der Wasserstand vom Wasserbad sollte mindestens dem Füllstand in der Sake-Karaffe entsprechen. Danach heißt es warten und mit dem Infrarot Thermometer regelmäßig die Temperatur in der Sake-Karaffe prüfen, diese hierbei auch hin und wieder mal schwenken um eine gleichmäßige Temperaturverteilung zu erzielen.

Natürlich könnt ihr euren Sake auch ganz professionell in einem Chirori (einem speziellen Behälter zum Erwärmen von Sake, welcher in der Regel aus Metall hergestellt wird) mittels eines Wasserbades erwärmen.

Die vier wichtigsten Temperatureinteilungen für warmen Sake sind Hitohada-Kan (35-40°C), Nuru-Kan (40-45°C), Jyo-Kan (45-50°C) und Atsu-Kan (50-60°C). Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass im „Allgemeinen“ die Temperaturbereiche zwischen 35-45°C die „freundlichsten“ für den Genuss von warmem Sake sind. Da allerdings auch das Empfinden von Temperaturen individuell ist, solltet ihr hier einfach eure persönlichen Präferenzen herausfinden.

Exkurs kalter Sake: Wie wir euch später noch erläutern werden, stellt der Kühlschrank (mit einem Temperaturbereich von 5-8°C) den besten Aufbewahrungsort für Sake dar. Natürlich kann man hochwertige Sake auch in einem Sake-Temperierschrank lagern, diese sind bei uns allerdings nur schwer erhältlich und zudem auch sehr teuer. Wenn euer Kühlschrank allerdings schon „belegt“ ist, dann könnt ihr Sake auch im dunklen und kühlen Keller lagern. Was ihr auf jeden Fall vermeiden solltet, ist zu versuchen einen Premium Nihonshu runter zu kühlen, indem ihr in auf ein Glas mit Eiswürfel schüttet. Ihr verwässert diesen nicht nur, sondern ihr raubt ihm auch seinen ursprünglichen Charakter. Außerdem mindert ein „schockmäßiges“ runterkühlen von Sake seine Qualität. Die einzigen Ausnahmen die super niedrige Temperaturen bei Sake zulassen sind Mizore Sake (Mizore bedeutet soviel wie Mischung aus Schnee und Regen) – also Sake, bei der Teile in der Flasche gefroren sind –, Sake on the Rocks und Sake, die für Cocktails verwendet wird. Allerdings ist die Auswahl der Sake, die hierfür benutzt werden können, begrenzt. Bei derartigen Experimenten solltet ihr dementsprechend behutsam vorgehen.

„Sake on the Rocks“ funktioniert nur mit wenigen speziellen Sake und sollte eher die Ausnahme bleiben.

 

Das Thema Sake-Temperatur und die Wahl des Trinkgefäßes findet ihr HIER

Erfahrungsbericht Sake und Temperaturen #1: Wie unterschiedlich Geschmacksempfindungen in Bezug auf Sake sein können, hat ein Temperatur-Tasting von drei unseren Vorständen gezeigt. Hierfür haben wir den herausragenden Sake „Lapis Lazuli“ von einer der beliebtesten Sake Brauereien Japans Aramasa Shuzo in Akita temperaturtechnisch etwas genauer unter die Lupe genommen. Lapis Lazuli wird zwar traditionell nach der Kimoto Methode hergestellt und in Holzfässern fermentiert, ist aber dennoch ein super modernen Nihonshu. Darüber hinaus verfolgt Aramsa Shuzo einen lokalen Ansatz und verwendet für diesen Sake den lokalen Reis Miyama Nishiki, Wasser aus Akita und die brauereieigen Hefe No. 6. Aramasa’s Lapis Lazuli strotz nur so vor (exotischen) fruchtigen Aromen, welche sich mit floralen und zitronigen Geschmacknuancen zu einem komplexen Sake vereinigen. Unterstrichen werden die Aromen von einer leichten Süße und einer fein ausbalancierten Säure. Im Abgang finden sich bei dieser Junmai Ginjo Sake darüber hinaus feine Umami Töne. Nachdem wir diesen Sake bei unterschiedlichen Temperaturen von 5°C bis 18°C verkostet haben, kommen wir zu dem Schluss, dass eine Temperaturspanne von 12,5 bis 14°C die beste geschmackliche Alternative darstellt. In diesem Bereich entfalten sich die fruchtigen Aromen einfach am deutlichsten und die Komplexität kommt zum vollen Tragen.
Erfahrungsbericht Sake und Temperaturen #2: Vor einigen Jahren, war unser Präsident (mal wieder) zu Winterzeit geschäftlich in Japan und wurde er von einer Delegation von JR East zum Essen eingeladen. Bei dieser Möglichkeit fragte er auch nach, wie Japaner im Winter Sake genießen. Natürlich war im bewusst, dass er wahrscheinlich keine eindeutige Antwort auf seine Frage bekommen würde. Umso überraschter war er dann, als ihm das folgende mitgeteilt wurde. „Um unseren Magen anzuwärmen beginnen wir gerne ein Dinner mit einem Kan-Sake – quasi als Aperitif. Dann trinken wir zum Durst löschen ein Bier. Danach genießen wir hochwertigen Sake als Reishu oder bei Zimmertemperatur.“ Auch wenn diese Aussage natürlich keine Allgemeingültigkeit hat, so folgen wir dieser Empfehlung immer noch gerne – insbesondere in den kalten Wintermonaten.